The Burning Thunderstorm

Am Dienstag, dem 28. Juli 2020, wurde der westen Wiens von einem der stärksten Unwetter der letzten Jahre getroffen.

Vorwort

Schon seit einigen Tagen war klar, dass es am Dienstag dem 28. Juli über Österreich Gewitter geben wird. Das konnte man auch schön in den Prognosekarten sehen.

Und ebenso der Forecast des Tages ließ Gewissheit aufkommen, dass es über weite Teile Europas zahlreiche Gewitter geben wird.

https://www.estofex.org/

Und dieses Unwetterszenario ist dann auch in etwa so eingetroffen.

Ausgangslage

Schön zu erkennen am Temperaturverlauf an der BOKU-Wetterstation, wie die Temperatur die letzten zwei Tage deutlich anstieg. In manchen Teilen des Landes wurden Werte weit über 35°C erreicht und somit handelt es sich um den bisher heißesten Tag des Jahres 2020.

Auch hier anhand der Energieverteilung und der Strömungsrichtungen ist sehr schön zu erkennen wie der Wienerwald die Grenze der Luftmassen darstellt.
Während in den höheren Luftschichten (Grüne und blaue Pfeile) der Westwind dominant war, war vom Wienerwald an Ostwärts in tieferen Luftschichten noch Wind aus südlichen Richtungen dominant.

Ebenso der Sondenaufstieg kurz vor dem Ereignis zeigt die hochexplosive Luftmasse. Rund 32 Grad Lufttemperatur, bei einem Taupunkt von 17,6°C, was einer Relativen Luftfeuchte von 42% entspricht. Ebenso auch der PPW, bezeichnet das niederschlagbare Wasser der Luftmasse, war mit über 40mm sehr hoch.
Noch beachtlicher allerdings ist das Windprofil mit der Höhe, denn bei solchen Unterschieden mit der Höhe in Windrichtung und Geschwindigkeit zeigt eine sehr starke Windscherung. Dazu noch CAPE Werte um die 2000 J/kg zeigt wie energiegeladen diese Luftmassen waren. So hat es nur noch an einem Trigger gefehlt, der diese Luftmassen zur Explosion brachte.

Das Ereignis

Am Niederschlagsradar erkennt man deutlich die Front, die aus Bayern kommend, Richtung Osten über Österreich zog.

Allerdings starben vor Niederösterreich die ersten Unwetter Zellen wieder und diese schickten eine Druckwelle der eigentlichen Kaltfront nach Osten voraus, die dann bei Tulln eine Superzelle entstehen lies, als diese gegen den Südwind stieß.

Sehr schön zu erkennen ist, hier, wie die Druckwelle als Konvergenz gegen 17h UTC (19hMESZ) vom westlichen Niederösterreich Richtung Osten zog. Mit dem dominanter werdenden Südostwind wurde die Konvergenz stetig verstärkt. Gegen 19h UTC wurde die Druckwelle der Front durch die starke Hebung der Konvergenz und die Divergenz (Ausfluss der Gewitter) deutlich stärker. Als das Unwetter um 18h UTC entstand, lag die Konvergenz zwischen Tulln und St. Pölten. Durch diese Druckwelle wurde die knapp vorlaufende Superzelle eingeholt (19h UTC) und die Druckwelle und der sinkende Energiegehalt der Abends abkühlenden Luft ließ diese dann Outflow dominat werden (20h UTC).

Da dieses Unwetter langsamer als die Front zog, blieb es kurzzeitig über dem Wienerwald hängen (aufgrund des hier stärkeren Südostwindes) und wurde deswegen über dem westen Wiens von der Kaltfront eingeholt. Hier gab es somit besonders heftige Wettererscheinungen.

Schön erkennt man dieses plötzliche auftauchen des Unwetters auch an der Karte mit der Äquivalent potentiellen Temperatur. Es ist die Pseudo-Kaltfront der Unwetter sehr gut zu erkennen. Diese wandelt plötzlich die vorhandene Restenergie des Tages als sich verstärkende Druckwelle um und hat somit besonders heftige Wettererscheinungen begünstigt.

Allen Voran waren die heftigen Downbursts mit Starkregen und Hagel ein Thema. Einerseits Hagel bis über 4cm, andererseits Starkregen mit bis zu 32,9mm/10min. Zum Zeitpunkt bevor die Kaltfront auf die Superzelle stieß, wurden die größten Korngrößen erreicht. Denn der plötzliche Windwechsel am Boden und die weitaus höheren Energiewerte haben für stärkere Aufwinde gesorgt und somit konnte der Niederschlag länger in der Wolke bleiben.

Statistische Auswertung

Zur statistischen Auswertung des Ereignisses habe ich die Bemessungsniederschläge des nähsten Gitterpunktes 2763 herangezogen. Genau genommen müsste man hier die Werte der umliegenden Gitterpunkte Interpolieren, allerdings liegen der Bemessungspunkt und die Wetterstation in einem sehr ähnlichen klimatologischen Umfeld. Die Interpolation mit innerstädtischen Bemessungspunkten würde die Bemessung durch erheblich schwächere Bemessungsniederschläge zu hoch ansetzen, als in diesem Fall der einfache Vergleich.

Dennoch wurden hier außergewöhnlich hohe Summenwerte erzielt (rote Linie), wie sie statistisch betrachtet in über 200 Jahren nur einmal oder seltener beobachtet werden können. Das höchste 10min Maximum (gelber Punkt) statistisch einmal oder seltener in ca 50 Jahren. Durch Interpolation mit den umliegenden Punkten wäre diese Bemessung noch viel höher ausgefallen, was allerdings zu einem übertriebenen Ergebnis geführt hätte.

Live beobachtet sieht das dann so aus.

(c) Marie Haindl
(c) Tahora Chimeh

So hohe Niederschlagssummen gab es ziemlich verbreitet mit über 50mm, Punktuell eben auch erheblich mehr.

Schlusswort

Wie heftig dieses Unwetter werden würde konnte man schon von außerhalb erahnen und so konnte ich imposante Bilder machen. Ebenso einen meiner eindrucksvollsten Zeitrafferaufnahmen, von außerhalb des Gewitters, während andere Regionen im westen Wiens schon davon schwammen, wie man an den Downbursts erkennen kann.

QUELLEN:

https://kachelmannwetter.com/at
https://www.estofex.org/
http://de.blitzortung.org/live_lightning_maps.php
http://www.modellzentrale.de/WRF4km/index.php
https://ehyd.gv.at/

Mit freundlicher Unterstützung der UBIMET GmbH
https://www.ubimet.com/

und des Instituts für Meteorologie und Klimatologie der BOKU-Wien
https://boku.ac.at/wau/met

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